Hohe Zinsen, hohe Preise – was ist ratsam beim Immobilienkauf?
Ist der Traum vom Eigenheim noch realisierbar?
Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen erhöht, das kann vor allem für den Traum nach der Wunschimmobilie einiges bedeuten. Nur was? Gehen die Zinsen hoch und die Hauspreise runter? Pendeln sich die Zinsen ein und die Hauspreise auch? Oder steigt beides, bis der Markt mit einem Knall zusammenbricht?
Glaubt man Karl Lagerfeld, halten Trends nicht länger als sechs Monate. Allerdings war Lagerfeld Modeschöpfer und nicht Immobilienprofi. Geht es nämlich um Häuser und Wohnungen, erleben Branchenbeobachter seit einem guten Jahrzehnt Preise, die so unaufhörlich nach oben klettern, dass mancher darin bereits eine Art Naturgesetz zu erkennen meint. Doch nach10 Jahren Boom könnten die Immobilien-Preise sinken, sowohl bei Inseraten als auch bei tatsächlich verkauften Immobilien. Das zeigt der aktuelle Immobilienpreisindex des Empirica-Instituts. Demnach sind die Preise für bestehende Immobilien im vergangenen Jahr deutlich weniger schnell gestiegen als in den Vorjahren seit 2015. Auch die Anzahl der Kreise, in denen Immobilien sogar günstiger werden, hat rapide zugenommen.
Einflussfaktor „Komplexe Welt“ für die Preisentwicklung
Mit einem tiefen und dauerhaften Preissturz rechnen die Experten allerdings nicht. Ihre Erklärung: Auch wenn die steigenden Immobilienzinsen die Nachfrage verkleinern, schlagen einige Unabwägbarkeiten aufs Angebot – die Welt wird immer komplexer. Neben dem Zinsanstieg sind auch steigende Kosten und zunehmende Unsicherheiten zu beobachten. Durch Corona und Ukraine kommt es zu Lieferengpässen bei Baumaterial, konjunkturell und demografisch bedingt werden Fachkräfte knapp, Kommunen weisen aus Umwelt- und Klimaschutzgründen immer weniger Bauland aus, die Politik kommt mit Sanierungspflichten, Subventionsentzug beim konventionellen Neubau und immer weiteren Verschärfungen beim Baurecht. All diese Umstände führen dazu, dass weniger Immobilien gebaut werden. Das Angebot sinkt. Comeback der Bestandsimmobilie? (siehe Kasten)
Stillstand am Immobilienmarkt
Die Einschätzung der Experten: Derzeit dürfte es eher noch eine Pattsituation geben, ja zum Teil sogar auch eine Torschlusspanik mit nachfragegetriebenem Preisanstieg aus Angst vor noch höheren Zinsen. Aber je weiter der Zinssatz über die Drei-Prozent-Grenze steigt und je eher sich die Kostensituation wieder beruhigt, desto größer wird das Preisrisiko. Vor allem Immobilien an den beiden Enden der Preisstaffel, Luxus und Schrott, würden einen Preisverfall erleben – dem normalen Häuslebauer hilft das allerdings wenig.
Immobilienzinsen im Jahresverlauf
Deutlich ist der starke Anstieg der Immobilienzinsen in den vergangenen Monaten. Die durchschnittlichen Zinsen für Immobilienkredite mit einer Laufzeit von zehn Jahren sind im vergangenen Jahr von 0,92 Prozent auf 3,04 Prozent gestiegen. Spätestens der Krieg in der Ukraine hat die Preise für Baugeld deutlich steigen lassen. Während es im Januar Hauskredite im Schnitt für ein Prozent Zins gab, lag der Zinssatz im Mai in der Spitze bereits bei 3,61 Prozent. Das zeigen Daten von Kreditvermittlern. Ganz so hoch wie im Mai sind die Zinsen nun nicht mehr, dennoch sind die Zeiten von Null-Komma-Zinsen wohl fürs erste vorbei, meinen Experten. Im Jahresverlauf halten sie eine weitere Steigerung auf 3,5 bis 4 Prozent für zehnjährige Darlehen für realistisch.
Kauf nicht ausschließlich vom Zins abhängig machen
Was sollten Kaufwillige also aktuell beachten? Ein Immobilienkauf ist eine sehr individuelle Entscheidung und Immobilie sowie Finanzierung müssen zum Leben passen. Die grundsätzliche Entscheidung für einen Kauf sollte nicht vom Zinssatz abhängig gemacht werden und immer wohlüberlegt sein. Empfehlenswert ist schon vor der Immobiliensuche die Finanzierung abzuklären. Mit einem Finanzierungszertifikat, das zeigt, welche Darlehenssumme voraussichtlich möglich ist, kann es leichter sein, den Zuschlag beim Kauf zu erhalten. Makler und Immobilienexperten sehen, dass Verkäufer auch beim Preis vereinzelt verhandlungsbereit sind. Bei der Finanzierung empfehlen wir hohe Tilgungen von drei Prozent und mehr, ausreichend Eigenkapital und lange Zinsfestschreibungen.
Es ist wichtig im Auge zu behalten, dass schon ein relativ geringer Anstieg des Zinsniveaus die monatliche Belastung um mehrere hundert Euro erhöhen kann. Das könnte für einige Haushalte zu viel sein, wenn bei der Baufinanzierung zu knapp kalkuliert wurde. Der erwartete Anstieg der Bauzinsen für das laufende Jahr, wird den Trend, dass sich nicht mehr jeder Kauf- und Bauwillige eine Finanzierung leisten kann, verstärken. Von diesem Punkt dürfte also ein dämpfender Effekt auf die Nachfrage ausgehen. Dennoch geht man in der Branche davon aus, dass die Nachfrage nach Eigenheimen und Wohneigentum insgesamt weiterhin hoch bleiben wird.
Wie ist ein Immobilienkauf noch realisierbar?
1. Mehr Eigenkapital mitbringen
Die Empfehlung an Käuferinnen und Käufern lautet möglichst viel Eigenkapital einzubringen, um die gestiegenen Zinsen aufzufangen. Viele folgen dieser Empfehlung bereits: Vom ersten Quartal 2021 bis zum ersten Quartal 2022 wurde das Eigenkapital um bereits 23 % aufgestockt.
Aber gerade das Eigenkapital, das für einen Baukredit benötigt wird, ist die größte Hürde, die den Traum schnell zum Platzen bringt. In Deutschland erwarten die Banken Eigenkapital in der Finanzierung zwischen 10 und 20 Prozent des Kaufpreises. Wer also Eigentum erwerben möchte, muss rund 20 bis besser 30 Prozent des Kaufpreises gespart haben. Dazu kommen noch zwischen 4,6 und acht Prozent des Kaufpreises für Grunderwerbsteuer, Notar und Grundbuchamt. Wer beim Makler fündig wird, sollte noch die Maklerprovision bis zu 3,57 Prozent für den Immobilienkauf einplanen.
2. Eine möglichst lange Zinsbindung vereinbaren
Für die Zinsbindung empfiehlt sich eine Zeitspanne von 15 Jahren oder länger, auch wenn die Zinsen dann etwas höher sind als bei kürzeren Zeiträumen.
3. Nicht nur Immobilienportale nach einem guten Angebot durchforsten
Digitale Plattformen bieten gute Infos, doch es gilt seinen Radius und die Kanäle zu erweitern. Interessentinnen und Interessenten können ihren Arbeitskollegen, Freunden und Bekannten erzählen, dass sie suchen. Sie sollten durch ihre Wunschgegend spazieren und sich umsehen, wo saniert oder neu gebaut wird. Ebenso können Inserate in lokalen Zeitungen oder Anzeigenblättern helfen. Auch bei Ebay-Kleinanzeigen werden Immobilien angeboten.
FAZIT: Die Hoffnung, dass der Markt die Preise bald „herunterregeln“ wird – die Summe aus Zins, Nebenkosten und Hauspreis also nahezu gleich bleiben wird, weil die Nachfrage nach Immobilien sinkt, ist gefährlich. Die meisten Experten warnen davor, sein Kaufvorhaben mit Blick auf mittelfristig sinkende Preise aufzuschieben. Wer also sein Traumhaus findet, sollte lieber zuschlagen statt zu warten, dass der Markt ihm mit dem Preis entgegen kommt – egal ob bei der Immobilie oder beim Kredit.
Redaktion WINDISCH IMMOBILIEN 6.09.22
Quelle: Juli 2022, https://www.focus.de/immobilien/, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/, https://www.wiwo.de/finanzen/immobilien/
COMEBACK DER BESTANDSIMMOBILIEN
Die Experten sehen eine Verschiebung bei der Nachfrage hin zum Altbau. Dass die Preise für Bestandsimmobilien jetzt aber ins Unermessliche steigen, daran glauben die Immobilienspezialisten nicht – was unter anderem an den geplanten Klima-Standards für den Gebäudesektor in Deutschland liegt. Käufer werden in Zukunft genauer auf eine Immobilie und ihren Sanierungsbedarf schauen und nicht mehr beide Augen zudrücken. Das wird dazu führen, dass einige Eigentümer je nach Lage von wahnwitzigen Preisforderungen abrücken müssen.
Auch wir bei WINDISCH IMMOBILIEN sehen den Trend, dass die Vorstellungen von Verkäufern und Käufern nicht mehr zusammen passen. Einige Eigentümer haben bereits feststellen müssen, dass sie den Höhepunkt des Marktes schon verpasst haben. Die Nachfrage ist gesunken und Käuferinnen und Käufer sind nicht mehr bereit für eine Immobilie jeden Preis zu bezahlen, nur weil die Lage passt.
Diese Entwicklung wird wahrscheinlich zu einer gewissen Beruhigung am Markt führen. Gestützt werde die Entspannung bei den Hauspreisen zudem wegen der aktuell steigenden Bauzinsen in Folge einer deutlich gestiegenen Inflation und der Erwartung an eine straffere Geldpolitik der Notenbanken. Der Kreis der privaten Kaufinteressenten, die sich noch eine Immobilie leisten können, wird somit kleiner. Das bremst die Preisdynamik am Markt ein. Damit einher geht die zu beobachtende längere Vermarktungszeit einer Immobilie.
Besonders in den vergangenen zwei Jahren sind viele Angebote auf den Markt gekommen, die sehr ländlich gelegen sind und für die Verkäufer übertrieben hohe Summen aufgerufen haben. Die Begründung: die Menschen möchten seit der Corona-Krise nicht mehr in der Stadt leben. Das ist in dieser Form aber nicht eingetroffen wie wir als Makler bestätigen können.