Deutschland Schlusslicht bei der Wohneigentumsquote in der EU

Deutschland hat mit derzeit 46 Prozent – nach der Schweiz – die zweitniedrigste Wohneigentumsquote in Europa. Seit Jahren sinkt dieser Wert weiter, insbesondere bei der jüngeren Generation. Vor dem Immobilienboom im Jahr 2008 lag der Anteil der Wohneigentümer im Alter zwischen 25 und 44 Jahren noch bei 32 Prozent, im Jahr 2022 waren es nur noch 26 Prozent. Zwischen 2018 und 2022 haben jährlich nur etwa 400.000 Haushalte den Sprung ins Eigenheim geschafft, vor 20 Jahren waren es noch 650.000 pro Jahr. Was sind die Gründe?

Was hindert am Kauf?

Bevor man in die komplexen Bereiche des Nationalcharakters, der sozialen Sicherungssysteme und Traditionen eintaucht, sollte man einfachere Gründe betrachten. Zuallererst sind da die hohen Nebenkosten beim Erwerb von Wohneigentum. Vor allem durch die Grunderwerbssteuer können sich diese Kosten auf bis zu 15 Prozent des Kaufpreises summieren. Wenn man erneut umziehen will oder muss, oder wenn man sich eine andere Immobilie kauft, ist dieses Geld verloren – und das ist eine erhebliche Summe! Kein Wunder, dass das Modell des „Sich-Hoch-Kaufens“ hierzulande nicht funktioniert. In anderen Ländern ist es viel üblicher, bereits in jungen Jahren eine erste preiswerte und oft eher bescheidene Immobilie zu kaufen. Der Erlös aus dem Verkauf dieser ersten Immobilie, deren Wert in der Zwischenzeit meist gestiegen ist, wird dann zur Finanzierung einer besseren genutzt.
Dies fördert das Sparen bereits in jungen Jahren. Zwar könnten solche Sparleistungen theoretisch auch ohne Wohneigentum erbracht werden, aber die Praxis zeigt, dass das Sparen ohne Finanzierung von Wohneigentum oft nicht so konsequent umgesetzt wird.

Die hohen Nebenkosten erschweren es insbesondere jungen Menschen und Familien, Wohneigentum zu erwerben. Wer nicht mindestens die Nebenkosten aus eigenen Mitteln finanzieren kann, hat in der Regel Schwierigkeiten, bei der Bank ein Hypothekendarlehen zu bekommen. Obwohl die Erschwinglichkeit während der Niedrigzinsphase des letzten Jahrzehnts hoch war, stellten die niedrigen Zinsen in Kombination mit den Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt für viele Haushalte ein besonderes Problem dar. Die Hauspreise haben sich teilweise verdoppelt, während das Eigenkapital der jüngeren Haushalte – auch bedingt durch die niedrigen Guthabenzinsen – konstant blieb und sich somit relativ zu den Erwerbsnebenkosten halbiert hat.

Ein besonders belastendes Hindernis bleibt die Grunderwerbssteuer. Je nach Bundesland beträgt sie zwischen 3,5 und 6,5 Prozent, wobei Bayern mit 3,5 Prozent das niedrigste Niveau hat. In anderen Bundesländern, wie beispielsweise NRW und Brandenburg, liegt sie bei 6,5 Prozent. Eine europäische Vergleichsstudie zeigt, dass alle Länder Maßnahmen ergreifen, um den Durchschnittsbürger, der Eigentümer werden will, nicht zu überlasten. Die Ansätze variieren dabei: Einige Länder haben deutlich niedrigere Grunderwerbssteuersätze als Deutschland, andere sind auf einem ähnlichen Niveau, bieten aber anderweitig Unterstützung, etwa durch reduzierte Sätze für preisgünstige Immobilien, Begünstigungen für Selbstnutzer gegenüber Kapitalanlegern oder vollständige Befreiung von der Grunderwerbssteuer für Käufer unter 35 Jahren.

Das Bauen in Deutschland ist teuer, was den Zugang zu Wohneigentum im Vergleich zu europäischen Nachbarn mit geringeren Baukosten und anderen Modellen erschwert. Dies liegt zum einen an den Erwartungen der Käufer, die ein Haus ohne Keller oft als unvollständig empfinden. Zum anderen tragen die zahlreichen Vorschriften dazu bei, die sich zwar jeweils als nützlich erweisen, aber in ihrer Gesamtheit zu einem Hindernis auf dem Weg zur eigenen Immobilie werden. Brandschutz, Schallschutz, Stellplätze, Grünflächen und energetische Standards sind nicht umsonst zu haben. Daher wird es spannend sein zu sehen, welche Ergebnisse die aktuelle lebhafte Diskussion zur Entbürokratisierung des Bauens bringen wird. Ein positiver Grund für die niedrige Wohneigentumsquote in Deutschland ist der gut funktionierende Mietmarkt mit einem breiten Angebot an Mietobjekten in verschiedenen Preis- und Komfortklassen. Allerdings hat sich die Situation auf den Mietmärkten verschärft, was für viele, die z.B. aufgrund von Familienzuwachs eine neue Wohnung benötigen, eine deutliche Verschlechterung bedeutet. In vielen Regionen steigen die Mieten stark an und Neumieter haben es schwer, eine akzeptable Wohnung zu finden. In dieser Lage würden viele, die vor einigen Jahren noch das Mieten als optimale Lösung betrachtet haben, heute die „relative“ Planungssicherheit des Wohneigentums schätzen. Zudem zeigt sich aktuell, was passiert, wenn eine ganze Generation potenzieller Wohneigentümer den Sprung in die eigenen vier Wände nicht schafft. Der Markt wird enger, weil alle statt des gewünschten Eigenheims nun nach einer Mietwohnung suchen. Oder der Markt stagniert, weil viele in ihren zu klein gewordenen Mietwohnungen bleiben müssen. Jeder Selbstnutzer, der einen Neubau bezieht, löst eine Kette von Folgeumzügen aus. Im Extremfall hat selbst eine neugebaute Luxuswohnung am Stadtrand durch sogenannte Sickereffekte eine ähnliche soziale Wirkung wie eine neugebaute Sozialwohnung in der Stadtmitte, die zudem hohe Förderkosten verursacht.

FAZIT: Es geht darum, die Wohneigentumsquote zu verbessern. Wer Wohneigentum erwerben möchte, sollte dies auch können. Bei der Wohnungsfinanzierung sind jedoch erhebliche Hürden vorhanden, wie die Grunderwerbssteuer und Grundbuchkosten, die das Eigenkapital auffressen. Auch in der Wohnungspolitik gibt es Hindernisse für angehende Selbstnutzer. Degressive Abschreibungen für Mietwohnungsbau oder sozialer Mietwohnungsbau erhöhen die Opportunitätskosten für Ersterwerber, da diese Subventionen einen mietsenkenden Effekt haben.

QUELLE: AIZ- Das Immobilienmagazin 4/2024
https://www.haufe.de/immobilien/entwicklung-vermarktung/marktanalysen/wohneigentum-in-deutschland

Juli 2024/ WINDISCH IMMOBILIEN

Eigentumsquoten in Europa

Deutschland hat im direkten Vergleich mit 46 Prozent die zweitniedrigste Eigentumsquote in Europa. Allerdings bietet der deutsche Mietmarkt im internationalen Vergleich ein außergewöhnlich hohes Maß an Mieterschutz und Markttransparenz, wodurch das Mieten einer Wohnung in Deutschland deutlich attraktiver ist als in den meisten anderen europäischen Ländern. Dieser Aspekt wird in Analysen häufig übersehen.

Europa: Mehr ländliche Regionen, mehr Eigentum
In ländlichen Gebieten ist die Wohneigentumsquote generell höher als in städtischen Regionen.
(Zum Vergleich: Deutschland liegt auf Platz 31 von 32. Rumänien beispielsweise hat 86 Einwohner pro Quadratkilometer, in Deutschland sind es 234).

  • Rumänien 94,8 Prozent
  • Slowakei 93 Prozent
  • Serbien 92 Prozent
  • Kroatien 91 Prozent
  • Montenegro 91 Prozent
  • Ungarn 90 Prozent

Laut Experten bringen die hohen Eigentumsquoten in den östlichen Ländern auch gesellschaftliche Nachteile mit sich. Da es in den Städten nur wenige Mietangebote gibt, wird insbesondere die Mobilität junger Menschen eingeschränkt, was ihre Möglichkeiten beeinträchtigt, eine gute Ausbildung zu absolvieren oder durch einen einfachen Jobwechsel Karrierechancen zu verbessern.

Auch die Länder in Südeuropa weisen eine höhere Wohneigentumsquote auf als Deutschland:

  • Portugal 78 Prozent
  • Spanien 76 Prozent
  • Italien 74 Prozent

Allerdings sind die Marktstrukturen der Länder nicht direkt vergleichbar, so die Analysten: In Spanien zum Beispiel haben Banken vereinfachte und aufgelockerte Standards zur Finanzierung von Wohneigentum. Deutsche Banken verlangten zum Teil bis zu 30 Prozent Eigenkapital, um die Immobilienfinanzierung zu ermöglichen, während in Spanien teils ein Wohnungskauf zu 100 Prozent mit einem Bankdarlehen finanziert werden kann.