ERBPACHT – wenn die eigne Immobilie auf fremdem Grund steht

Was bedeutet das für Käufer?

Falls Sie auf Immobilienangebote mit außergewöhnlich niedrigen Kaufpreisen stoßen, könnte es sein, dass das betreffende Haus auf einem Grundstück mit Erbpacht errichtet wurde. In einer solchen Situation erwerben Sie lediglich das Gebäude selbst und nicht das Grundstück, auf dem es steht. Der veraltete Begriff „Erbpacht” meinte ursprünglich ein zeitlich unbegrenztes Pachtverhältnis und wird heute nur noch umgangssprachlich als Synonym zum Erbbaurecht benutzt.

Das Erbbaurecht gewährt Ihnen die Möglichkeit, ein Haus zu errichten oder zu erwerben, ohne das dazugehörige Grundstück kaufen zu müssen. Es ist ein Vertragsrecht, bei dem der Eigentümer des Grundstücks Ihnen das Recht einräumt, es für einen festgelegten Zeitraum, zum Beispiel 33, 66 oder 99 Jahre, zu nutzen. Während dieser Zeit sind Sie verpflichtet, Erbbauzinsen zu entrichten, die einer Art Miete für das Grundstück gleichkommen. Dies ermöglicht es Ihnen, ein Haus zu bauen oder zu kaufen, auch wenn der Preis für ein Grundstück inklusive Immobilie möglicherweise finanziell nicht realisierbar wäre.

Normalerweise wird ein Bauwerk laut § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks angesehen. Das Erbbaurecht stellt jedoch eine Ausnahme dar, da es eine klare Trennung zwischen dem Grundstück und der darauf errichteten Immobilie ermöglicht.
Häufig sind kirchliche oder öffentliche Institutionen, Stiftungen oder Kommunen Erbbaurechtgeber, die das Grundstück als Sachwert bei sich behalten wollen. Es kommen jedoch auch Privatpersonen oder Immobiliengesellschaften als Erbbaurechtgeber infrage. Etwa 5 % der in Deutschland zum Wohnen genutzten Flächen sind als Erbbaurecht vergeben.

Wann lohnt sich Erbpacht?
Erbbaurecht hat Vor- und Nachteile. Ursprünglich ging es bei der Idee darum, dass sich der Hausbauer nicht zu sehr verschuldet, indem er zusätzlich zum Haus auch noch ein Grundstück erwirbt. Wenn Sie an diesem Prinzip des Immobilienkaufs interessiert sind, sollten Sie die Vor- und Nachteile für Ihre persönliche Situation sorgfältig abwägen. Der Kauf einer Immobilie ist eine bedeutende finanzielle Entscheidung und kann langfristige Auswirkungen haben.

VORTEILE des Erbbaurechts:
Die Erbpacht lohnt sich insbesondere in Zeiten hoher Baugeldzinsen oder teurer Grundstückspreise. Der herausragende Vorteil des Erbbaurechts liegt darin, dass man anfangs die Kosten für den Grundstückskauf spart. Dies ist besonders in Ballungszentren wie München von Bedeutung, wo Baulandpreise oft sogar höher sein können als die eigentlichen Immobilienpreise. Mit dem Erbbaurecht profitiert man daher, weil:

  1. Man weniger Kapital für den Erwerb oder den Bau einer Immobilie benötigt.
  2. Der Erbbauzins am Ende möglicherweise niedriger ausfällt als die Kaufkosten des Grundstücks.

Junge Familien mit begrenztem Eigenkapital haben so die Möglichkeit, ihre eigene Immobilie zu finanzieren, weshalb sie von einigen Erbbaurechtsgebern bevorzugt behandelt werden.

NACHTEILE des Erbbaurechts:
Wenn Sie eine Immobilie mit Erbbaurecht besitzen, gehört Ihnen lediglich das Gebäude, während der Grund und Boden in fremdem Besitz verbleibt. Dadurch könnte der Verkauf Ihrer Immobilie erschwert werden, da potenzielle Käufer möglicherweise zögern, wenn sie kein vollständiges Eigentum am Grundstück erhalten.

  • Bei einem Erbbaurechtsvertrag mit nur noch kurzer Laufzeit kann der Verkauf des Hauses schwierig werden. Da der Pachtzins im Laufe der Zeit steigt, könnten Interessenten abgeschreckt werden.
  • Erbbaurechtsverträge enthalten oft Vorverkaufsrechte, die den Verkauf der Immobilie vor Ablauf der Pacht an Bedingungen knüpfen. Sie sind daher auf die Zustimmung des Grundstückseigentümers angewiesen, was den Verkaufsprozess kompliziert machen kann.
  • Langfristig profitieren Sie nicht in vollem Umfang von der Wertsteigerung Ihrer Immobilie.
  • Beim Ablauf des Erbbaurechtsvertrags könnte die Entschädigung für die Immobilie unter Umständen geringer ausfallen als ihr tatsächlicher Marktwert

Zeitlich begrenzter Besitz des Erbbaugrundstücks
Das Grundstück bleibt während der gesamten Pachtzeit Eigentum des Erbbaurechtgebers. Das Haus hingegen wird Ihr Besitz. Als Erbbauberechtigter werden Sie im Grundbuch eingetragen und haben die volle Verfügungsgewalt über die Immobilie. Sie können diese nach Ihren Vorstellungen erweitern, umbauen, vermieten oder anderweitig nutzen. Das Erbbaurecht ermöglicht es Ihnen, das Grundstück genauso wie eigenes Eigentum zu behandeln, inklusive der Möglichkeit es zu verkaufen, zu vererben oder mit Krediten zu beleihen.
Nach Ablauf des Erbpachtvertrags geht das Haus als Bestandteil des Grundstücks an den Eigentümer zurück. Sie als vorheriger Besitzer erhalten jedoch eine Entschädigung, die vor Vertragsabschluss festgelegt werden sollte und mindestens zwei Drittel des Immobilienwerts betragen muss.

Wie hoch ist der Erbbauzins?
Der Erbbauzins wird in der Regel als Prozentsatz des Grundstückswertes pro Jahr berechnet und liegt oft zwischen 3% und 5%. Nehmen wir zum Beispiel an, das Grundstück ist 100.000 € wert, dann beträgt der jährliche Erbbauzins bei einem Satz von 4% 4.000 €, was einer monatlichen Belastung von 333 € entspricht. Es ist wichtig zu beachten, dass der Zinssatz im Erbbaurechtsvertrag verhandelbar ist und auch durch eine Wertsicherungsklausel an die allgemeine Preisentwicklung oder Inflation angepasst werden kann. In der Regel erfolgt eine solche Anpassung alle 3 bis 5 Jahre, wobei eine gesetzliche Kappungsgrenze dafür sorgt, dass der Erbbauzins nicht willkürlich erhöht werden kann.
Es gibt auch die Möglichkeit, einen festen Erbbauzins zu vereinbaren, der sich während der Vertragslaufzeit nicht ändert. In diesem Fall wird der Erbbauzins oft als Einmalzahlung entrichtet. Es ist erwähnenswert, dass einige größere Grundstückseigentümer, wie zum Beispiel Kirchen, gelegentlich soziale Vergünstigungen beim Erbbauzins gewähren, insbesondere für junge Familien. Trotzdem bleibt der Erbbauzins immer ein Unsicherheitsfaktor bei der Finanzplanung, da er von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden kann.

Sie haben Fragen zum Erbbaurecht? Gerne stehen wir Ihnen mit unserem Fachwissen zur Verfügung.
Rufen Sie uns an unter: 08142- 46 47 03-0

03.08.23 /WINDISCH IMMOBILIEN

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ERBPACHT – WICHTIGE VERTRAGSBESTANDTEILE

Sie sollten im Vorfeld des Notartermins wichtige Vertragsbestandteile für sich verhandelt haben:

  1. Stellen Sie sicher, dass die Vertragslaufzeit möglichst lang ist und mindestens 75 Jahre beträgt.
  2. Vereinbaren Sie die Wertsicherungsklausel, die auf dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts basiert.
  3. Fordern Sie ein Vorkaufsrecht im Erbbauvertrag, welches Ihnen als Käufer die Priorität gibt, falls das Grundstück verkauft wird.
  4. Vermeiden Sie hingegen eine Ankaufspflicht, falls das Grundstück verkauft werden sollte.
  5. Achten Sie darauf, dass im Falle eines Rückfalls (Heimfall) angemessene Entschädigungssummen für die Übertragung der Immobilie an den Grundstücksbesitzer festgelegt sind.