Messie-Wohnung – der Albtraum für Vermieter und Erben

Immobilienmakler sind mit der Thematik vertraut

Geschichten über sogenannte Messie-Wohnungen hört man immer wieder. Als Immobilienmakler sieht und riecht man in Einzelfällen diese Messie-Wohnungen auch „live & in Farbe“. Meterhohe Zeitungsstapel liegen auf dem Fensterbrett, in den Zimmern führen nur noch schmale Pfade durch das Gerümpel. Der Boden, das Bett, die Arbeitsflächen in der Küche, sogar die Dusche: alles voll. Vermieter und Erben sind meistens geschockt und hilflos, nicht selten auch vom Gefühl der Scham begleitet. Wir als Immobilienmakler drücken uns nicht vor solchen Objekten – indem wir lächelnd den Auftrag ablehnen, sondern helfen und beraten professionell mit dem nötigen Fingerspitzengefühl. Für alle Betroffenen beantworten wir deshalb ein paar Fragen:  Warum entwickeln sich Menschen zu Messies? Wie kann man sich schützen? Wie macht man Wohnungen pragmatisch wieder bewohnbar? Kann ich eine Messie-Wohnung/Haus verkaufen?

Was ist die Ursache für ein Leben in einer „vermüllten“ Wohnung?
Zeitungen, Bücher, Bastelsachen, Schuhe, Kleidung, Geschirrberge, Tüten mit Abfall – in den Zimmern sogenannter Messies türmen sich die verschiedensten Dinge. Manche Wohnungen sind so vollgestellt, dass sich die Betroffenen nur noch in schmalen Durchgängen darin bewegen können. “Messies” (aus dem Englischen “mess” für Unordnung) können nichts wegwerfen. Sie produzieren ein Chaos aus Kram und Krempel: denn ein Bewohner mit dem Messie-Syndrom kann den Wert alltäglicher Gegenstände nicht richtig einschätzen – brauchbar nicht von unbrauchbar, wichtig nicht von unwichtig unterscheiden.

Was aber bringt Menschen dazu, so zu leben?
Psychologen erklären es so: Messies sind nicht zu faul, um aufzuräumen, sondern aus tieferliegenden psychischen Gründen fällt es ihnen extrem schwer, sich von Gegenständen zu trennen. Die sie umgebenden Dinge haben einen hohen emotionalen Wert für die Betroffenen – sie geben Halt und Geborgenheit und das Gefühl, die Kontrolle über das eigene Leben zu behalten. Deshalb ist es keine Hilfe, wenn andere die Wohnung aufräumen oder putzen. Im Gegenteil: Das kann panische Ängste auslösen. Für manche fühlt es sich so an, als würde ihr Leben weggeworfen.

Das Messie-Syndrom ist gar nicht so selten. Geschätzt ist jeder 20. Mensch in Deutschland betroffen. Die Störung kommt zudem in allen sozialen Schichten vor – vom Hartz IV-Empfänger bis in die Führungsetagen. Nur eine Minderheit lebt – entgegen einem gängigen Vorurteil – zwischen Essensresten, Schmutz und Müll. Meistens sieht man Messies nicht an, welches Chaos bei ihnen zu Hause herrscht. Nach außen hin können sie gut funktionieren und im Beruf erfolgreich sein. Paradoxerweise haben sie einen Hang zum Perfektionismus, der sie allerdings regelrecht erdrückt, wenn es um die Ordnung in den eigenen vier Wänden geht.

Eine gewisse Unordnung ist normal, kann sogar lebendig machen und Kreativität fördern. Und Objekte zu sammeln, gehört zu den menschlichen Bedürfnissen. Unordnung beginnt laut Psychologen krankhaft zu werden, wenn die Sammelleidenschaft dahin führt, dass sich der Betroffene des Durcheinanders schämt und niemanden mehr zu sich nach Hause einlädt.

Merkmale vom Messie-Syndrom:

  • Ein übermächtiges Bedürfnis, die Gegenstände aufzuheben.
  • Extreme Anspannung bis hin zur Panik, wenn Gegenstände weggeworfen werden sollen.
  • Soziale Schwierigkeiten bis hin zur Isolation. Eigen Hobbies und Interessen werden aufgegeben.
  • Überlappungen mit anderen Diagnosen wie z.B. Depression, Sucht- oder Zwangserkrankung oder auch einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind nicht selten

Doch erforscht ist das Krankheitsbild noch wenig. Offensichtlich spiegelt das äußere Chaos das innere Chaos wider. Das Ansammeln von Gegenständen ist als Versuch zu werten, unerträgliche Gefühle zu unterdrücken. Ungelöste innere Konflikte sollen durch das unkontrollierte Sammeln bewältigt werden. Viele Betroffene haben Probleme mit ihrem Selbstwert, sie fühlen sich wertlos. Zudem fällt auf, dass sich die Betroffenen häufig nur schwer konzentrieren können – beispielsweise aufs Aufräumen – und eine große Angst vor falschen Entscheidungen haben.

Einer der wenigen Experten, der Berliner Psychiater Gerd Teschke sagt, “es handelt sich um ein komplexes psychiatrisch relevantes Krankheitsbild”. Teschke nimmt an, dass es sich um eine Schwäche im exekutiven System des Gehirns handelt. Dieses, dem Management einer Firma vergleichbare Kommandozentrum, befindet sich im präfrontalen Cortex. Es ist dafür verantwortlich, dass der Mensch Ziele setzen, Urteile fällen, Handlungen planen, Entscheidungen treffen, Informationen verarbeiten und in einen Output verwandeln kann. Bei Menschen mit Messie-Syndrom sind diese lebenswichtigen Sortier- und Entscheidungsfunktionen gestört. Die Fülle von Eindrücken oder Impulsen führt zu Überforderung.

Eine Psychotherapie kann Hilfe leisten Ordnung ins Leben zu bringen und verschüttete Gefühle und Konflikte zu bearbeiten.

MESSIE IN DER WOHNUNG ODER IM HAUS –  Was kann ich als Eigentümer tun?
Vermieter, deren Wohnung von einem Messie bewohnt wird, haben wenig zu lachen.
Eine Wohnungsverwahrlosung durch organische Abfälle oder verwahrloste Haustiere führt im Allgemeinen immer zu Ungeziefer, welches durch die riesigen Müllberge angelockt wird. Bleibt dieses Verhalten über einen sehr langen Zeitraum unbemerkt und hat der Müll massive Ausmaße angenommen, kann dies sogar letztendlich zu Schäden an der Bausubstanz führen oder andere Mieter beeinträchtigen. Dagegen kann der Vermieter vorgehen.

SCHRITT FÜR SCHRITT

1. Überprüfen, wie vermüllt ist die Messiewohnung?
Auch wenn der Betroffene die Zustände seiner Wohnung noch so gut zu verstecken versucht, kommt es irgendwann heraus. Bevor der Vermieter gleich zu seiner schärfsten Waffe greift und eine fristlose Kündigung ausspricht, sollte er überprüfen, ob sie im Zweifelsfall überhaupt wirksam wäre. Denn: Auch ein Messie hat als Mieter gewisse Rechte. „Der Mieter genießt eine große Freiheit, wie er sich und sein Leben einrichtet, sagt Rechtsanwalt Dr. Carsten Brückner, Vorsitzender des Eigentümerverbands Haus & Grund Berlin. Dazu gehört, dass er so viele Dinge in seiner Wohnung aufbewahren kann, wie er möchte, solange er nicht andere Mieter oder die Bausubstanz schädigt. Das bedeutet: Liegen in einer Wohnung Berge uralter Zeitungen, kann der Vermieter dagegen wenig bis nichts unternehmen – von gutem Zureden abgesehen.

„Eine Grenze findet der individuelle Lebensstil dort, wo andere Personen gestört werden. Ein Verhalten des Mieters ist spätestens dann vertragswidrig, wenn andere Mieter in ihrem vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt werden“, so Brückner. Dies kann etwa bei Gerüchen der Fall sein, die von verdorbenen Lebensmitteln ausgehen oder wenn der Mieter mit organischen Abfällen Ungeziefer anlockt. In diesem Fall kann der Vermieter Schritte in die Wege leiten, gegen den Mieter vorzugehen.

Vorgehen bei Mietern mit Messie-Syndrom
„Stellt der Vermieter fest, dass der Mieter die Wohnung verwahrlosen lässt, sollte er ihn auf diesen Umstand persönlich ansprechen“, sagt der Rechtsanwalt. In vielen Fällen zahle der Mieter auch unregelmäßig die Miete. Dies sei ein guter Anlass, mit dem Mieter in ein Gespräch einzutreten, um seine Situation zu besprechen. „Zunächst kann der Vermieter den Mieter im ruhigen Ton auf das Problem ansprechen und ihn bitten, den Unrat zu beseitigen“. Bleiben die Gespräche erfolglos, kann der Vermieter die nächste Eskalationsstufe gehen.

Die Steigerung des Messie-Syndroms ist das Vermüllungssyndrom. Betroffene horten dann auch richtigen Müll. Zunehmend verwahrlost dann der Mieter selbst und isoliert sich. Das Ergebnis dieser Desorganisationsproblematik ist dann eine vollgestopfte und vermüllte Wohnung. Vermieter bemerken das Problem oft erst sehr spät und wollen den Mieter dann so schnell wie möglich loswerden. Doch Messies sind meist Langzeitmieter und können auch deshalb nicht so einfach aus der Wohnung geworfen werden.

2. Erst abmahnen, dann kündigen
Einfach aus der Wohnung werfen kann ein Vermieter den Mieter nicht. „Vor dem Ausspruch einer Kündigung muss der Vermieter das Verhalten des Mieters schriftlich abmahnen“, so Brückner. Der Vermieter sollte dem Mieter in der Abmahnung auch eine angemessene Frist setzen, in der dieser die Wohnung entrümpeln und möglicherweise bereits entstandene Schäden beseitigen muss. Dadurch wird dem Mieter bewusst gemacht, dass er sich nicht vertragsgemäß verhält.

Erst wenn auch das nichts hilft, kann der Vermieter zum letzten Mittel greifen: der fristlosen Kündigung. Allerdings: Die Anforderungen dafür sind im Bürgerlichen Gesetzbuch relativ hoch angesetzt. „Eine fristlose Kündigung wegen Verwahrlosung ist nur möglich, wenn der Mieter die Wohnung erheblich gefährdet“, erklärt Brückner. Eine allgemeingültige Definition, was eine solche erhebliche Gefährdung ist, gebe es allerdings nicht. Hierzu müsse immer der jeweilige Einzelfall beurteilt werden. Ein Rechtsbeistand ist hierbei ratsam.

Sollte es zu einem Streit vor Gericht kommen, ist es ratsam, sämtliche Beschwerden der anderen Mieter schriftlich zu dokumentieren – etwa über das übelriechende Treppenhaus. Auch die bei einer etwaigen Begehung vorgefundenen Müllberge sollten schriftlich notiert werden – so sind Vermieter im Fall eines Rechtsstreits bestmöglich abgesichert.

Hilft das alles nichts und der Mieter zieht nicht aus der Wohnung aus bleibt dem Vermieter nur noch die Räumungsklage.

3. Entrümpelung der Messiewohnung
Ist der Mieter ausgezogen und hinterlässt Berge von Unrat muss sich in der Praxis meist der Vermieter um die Entrümpelung kümmern. Dafür gibt es Firmen, die sich auf die Entrümpelung von Messie-Wohnungen spezialisiert haben.

Eine Entrümpelungsfirma kennt sich mit entsprechenden Hygienevorschriften aus und kann die Wohnung in den Ursprungszustand zurücksetzen. Das heißt sie gehen auch unangenehmen Gerüchen auf den Grund und beseitigen sie. Auch den verschiedenartigen Müll, Sperrmüll und andere Anfallsarten können die Profis umwelt- und fachgerecht entsorgen. Manche Firmen bieten auch Sonderleistungen an und sortieren Wertgegenstände oder wichtige Unterlagen aus und übergeben sie dem Mieter.

Ein Extremfall ist die sogenannte Tierhortung. Betroffene sammeln bei dieser Form krankhaft Tiere und sind meist nicht in der Lage sich um diese auch angemessen zu kümmern. Der oft sehr hohen Anzahl an Tieren fehlt es meist an Wasser und Futter sowie Pflege und Hygiene. Auf Dauer stören Gestank und Lärm die Nachbarn und darüber hinaus kann nicht mehr von dem vertraglichen „Haustiere erlaubt“ gesprochen werden.

In diesem Fall setzen Profis zur Reinigung biologische oder chemische Stoffe, Ozonisierung und Ionisierung ein, um betroffene Räume wieder begeh- und bewohnbar zu machen.

Die Kosten für eine etwaige Räumung der Wohnung muss der Mieter selbst tragen. Kann oder will dieser aber nicht zahlen, bleibt der Vermieter darauf sitzen. Abhilfe schaffen hier spezielle Vermieter-Rechtschutzversicherungen. Häufig sind diese allerdings relativ teuer.

Möchte der Vermieter sich die Kosten für die Entrümpelung sparen und diese selbst durchführen, wird es nicht unbedingt billiger. Allein die Kosten für die Müllentsorgung sind sehr hoch, da der Unrat getrennt und entsorgt werden muss. Meist geht alles in den Hausmüll, der kostenpflichtig extra angemeldet und abgeholt werden muss.

Wenn der Messie nicht gekündigt werden kann
Ist die Bausubstanz nicht gefährdet und fühlen sich auch andere Mieter nicht durch den Messie gestört, hat der Vermieter schlechte Karten. Wenn es keine anderen Gründe für eine Kündigung gibt – beispielsweise, weil der Mieter die Miete nicht zahlt – darf der Vermieter auch nicht kündigen.

Als letzte Option bliebe ihm dann der Gang zum Betreuungsgericht. Hier muss er darlegen, warum Mieter sich offenkundig nicht mehr selbst um die Angelegenheit kümmern kann. Unter Umständen stellt das Gericht dem Mieter dann einen Betreuer, der für den Vermieter der Ansprechpartner ist – die Grenzen hierfür sind allerdings recht eng gesetzt.

23.02.2022/SN

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WIE SCHÜTZT MAN SICH ALS EIGENTÜMER VOR MIETERN MIT MESSIE-SYNDROM?

Die letzte Garantie gibt es nicht, trotzdem kann man sich als Vermieter absichern.

Lassen Sie sich deshalb eine Vormieterbescheinigung oder Mietschuldenfreiheitsbescheinigung des Vormieters vorlegen, wenn Sie eine Wohnung vermieten.

Um sich den Zugriff auf die Kaution zu sichern, vereinbaren Sie vor Unterzeichnung des Mietvertrags eine Mietkautionszahlung in bar oder per Überweisung. Das ist in diesem Falle sinnvoller als eine Mietkautionsbürgschaft durch eine Bank.

Vertrauen Sie ferner auf Ihr Bauchgefühl und den gesunden Menschenverstand. Schauen Sie sich den Mieter genau an und lernen Sie ihn kennen, bevor Sie ihm Ihr Eigentum anvertrauen.

Clever zur Mietwohnung, Praxistipp, Interview mit Martin Windisch inhaber von Windisch Immobilien

„Eine Messie-Immobilie zu verkaufen ist kein Sonntagspaziergang. Mit Null Aufwand, in kurzer Zeit, den maximalen Preis zu erzielen, funktioniert in solchen Fällen nicht. Hier müssen individuelle Lösungen erarbeitet werden. Es geht darum, diverse Ansätze zu besprechen. Als ersten Schritt für den Überblick, macht es Sinn, sich erstmal Angebote einzuholen für Entrümpelung, Räumung und Sanierung. Steht dann ein Betrag im Raum, kann man gemeinsam mit den Eigentümern abwägen, welcher Weg zu einem guten Verkaufspreis führt. Generell empfehle ich bei so einem vielschichtigen Problem für den Verkauf einen Immobilienmakler Ihres Vertrauens zu beauftragen.“